Pressemitteilung

Individuell, fortschrittlich, vertrauensvoll

Ein Interview mit Chefarzt Dr. Bertram Stitz vom Hospital zum Heiligen Geist zu Tumorerkrankungen bei Frauen

Die möglichen Krebsarten bei Frauen sind vielfältig. Neben dem Brustkrebs – der häufigsten Krebsart bei Frauen – können Karzinome etwa auch im Gebärmutterkörper, am Gebärmutterhals, in den Eierstöcken oder an der Vulva entstehen. Doch in den vergangenen Jahren hat sich in der Medizin einiges getan, die Behandlungswege sind individueller geworden und die Heilungschancen stehen oft nicht schlecht. Den Fortschritt in der Medizin miterlebt hat Dr. Bertram Stitz, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Fritzlarer Hospital zum Heiligen Geist. Im Interview gibt er uns Einblicke in seine Arbeit, seine Klinik und den aktuellen Stand der Medizin.

Herr Dr. Stitz, was deckt die Gynäkologie am Hospital zum Heiligen Geist ab?

In Fritzlar decken wir das gesamte Spektrum der Gynäkologie ab. Besondere Schwerpunkte haben wir im Bereich der minimalinvasiven Chirurgie, was sich häufig auf die Behandlungen verschiedener Tumorerkrankungen bezieht, etwa bei einem Endometriumkarzinom, also den Gebärmutterhöhlenkrebs. Neben dem Gebärmutterhalskrebs ist der Brustkrebs
eine der häufigsten Tumorerkrankungen bei Frauen.

Gibt es weitere, die Sie behandeln?

Mit dem Brustkrebs haben wir tatsächlich gar nicht so häufig zu tun. Das hat den Hintergrund, dass der gemeinsame Bundesausschuss für das Jahr 2024 festgelegt hat, dass nur
die Kliniken Brustkrebs operieren sollen, die pro Jahr mindestens 100 Primärerkrankungen behandeln. Das war bei uns in der Vergangenheit nicht der Fall, weshalb wir unseren
Fokus auf andere Tumorerkrankungen legen. Früherkennung und die damit verbundene Diagnostik im Bereich Brustkrebs leisten wir aber natürlich weiterhin – nur die endgültige Operation führen wir nicht mehr durch.

Welche weiteren Tumorerkrankungen sind das? 

Sämtliche Tumorerkrankungen, die den Genitalbereich betreffen: Das sind etwa der bereits erwähnte Gebärmutterhalskrebs, das Endometriumkarzinom (Gebärmutterhöhlenkrebs),
das Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs), das Penetorialkarzinom (Bauchfellkrebs) sowie Karzinome in der Scheide, der Vulva, der Schamlippen und des Damms, also im äußeren Bereich des Genitals. Das sind unsere Schwerpunkte im Bereich der Tumorbehandlungen, die innerhalb der Gynäkologie etwa ein Viertel aller Behandlungen ausmachen.

Angeschlossen an das Hospital ist auch das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ). Wie sieht hier die Zusammenarbeit in der Gynäkologie aus?

Auch das MVZ deckt im Grunde das komplette Spektrum der Gynäkologie ab und ist eine Art separate Praxis innerhalb des Hospitals, wo die Patientinnen einen Termin vereinbaren
und ganz normal in die Sprechstunden kommen können. Die direkte Verbindung zum Hospital kommt natürlich den Patientinnen zugute, da eine enge Zusammenarbeit und ein regelmäßiger Austausch zwischen uns und dem MVZ stattfindet.

Wie finden die Patientinnen ansonsten den Weg ins Hospital?

Wenn die Frauenärzte unserer Patientinnen einen verdächtigen Befund feststellen und die Möglichkeiten unserer Klinik mit einbeziehen möchten, überweisen sie die Patientinnen
an das Hospital. Dabei geht es häufig um die genauere Abklärung und Diagnostik, da die Bildgebung beim Frauenarzt, egal ob Mammographie, CT oder Ultraschall, dies oftmals nicht leisten kann. Ein Beispiel ist etwa ein zystischer Befund im Eierstock, wo wir dann genau schauen können, ob es etwas Harmloses ist, etwas Bösartiges werden kann oder sogar schön etwas Bösartiges ist. Letzteres ist aber zum Glück sehr selten der Fall. 

Wie gehen Sie, je nach Befund, in solchen Fällen weiter vor?

Das kommt natürlich auf den jeweiligen Fall an. Manchmal reicht es, eine genaue Diagnose stellen, weil sich der Befund nach der Bildgebung in der Praxis positiv entwickelt hat. Diese Patientinnen können wir dann ohne weitere Behandlung wieder entlassen. Ist der Befund mit einer hohen Wahrscheinlichkeit gutartig, kann direkt eine entsprechende Operation geplant werden. Etwas komplizierter wird es, wenn der Befund voraussichtlich bösartig ist. Dann folgt zunächst eine Umfelddiagnostik, mit der wir feststellen können, ob der Befund lokal begrenzt ist oder zum Beispiel Absiedlungen in den Lymphknoten verursacht hat.

Wie geht es dann weiter?

Je nach Stadium und Art des Karzinoms sind die Behandlungswege hier sehr individuell. Manchmal reicht eine Chemotherapie aus, manchmal ist eine radikale Operation mit Entfernung der Gebärmutter, der Eileiter und der Eierstöcke erforderlich. Das setzt nicht nur viel Vertrauen in der Beziehung zu den Patientinnen voraus, sondern ebenso viel Aufklärungsarbeit. Schließlich wollen wir nicht nur die beste Therapie mit den größtmöglichen Heilungschancen einschlagen, sondern auch, dass die Patientin ebenso diesen Weg mit uns gehen möchte. Daher erklären wir im Vorfeld alle möglichen Schritte ganz genau – und zwar inklusive Nachsorge oder eventuellen Folgetherapien.

Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen? 

Sehr wichtig. Ein gutes Beispiel ist etwa die interdisziplinäre Tumorkonferenz. Hier tauschen sich die verschiedenen Fachärzte aus und unterstützen sich gegenseitig. In das Gremium mit eingebunden sind alle Ärzte, die an der Diagnostik und Therapie des entsprechenden Falls beteiligt sind. Das hilft nicht nur den behandelnden Ärzten, von dem gegenseitigen Austausch profitieren in erster Linie die Patientinnen.

Was hat sich im Vergleich zu früher in der Gynäkologie verändert?

Die gesamte Behandlung der Patientinnen ist heute viel ausdifferenzierter. Das eine Verfahren, das bei allen Patientinnen angewendet werden kann, gibt es nicht mehr. Jeder Fall wird sehr individuell betrachtet und besprochen. Gleichzeitig gibt es aber für jeden möglichen Fall sehr klare Leitlinien, die regelmäßig aktualisiert und angepasst werden. So können Patientinnen sicher sein, dass immer nach dem aktuellen Stand der Medizin der Weg mit den größten Erfolgsaussichten eingeschlagen wird. So individuell wie der Krebs ist, so individuell muss auch die Therapie sein. Einerseits wollen wir Ärzte keine Untertherapie und dafür verantwortlich sein, dass der Krebs eventuell zurückkommt. Andererseits wollen wir auch keine Übertherapie, die die Patientin mehr belastet als notwendig. Es geht darum, den idealen Mittelweg zu finden. Und dieser Fortschritt in der Medizin hat natürlich auch zu deutlich besseren Überlebenschancen bei Tumorerkrankungen geführt.

Thema Früherkennung. Was kann Frau tun, um einer möglichen Tumorerkrankung im Genitalbereich vorzubeugen oder diese möglichst früh zu erkennen?

Wenn keine besonderen Risikofaktoren vorliegen, sollte auf jeden Fall einmal im Jahr eine Vorsorgeuntersuchung stattfinden. Teil davon ist etwa die Tastuntersuchung der Gebärmutter und der Eierstöcke sowie das Betrachten der Vulva. Führt dies zu Auffälligkeiten, wird ein Abstrich oder eine kleine Probe entnommen, die dann weiter untersucht werden. Unabhängig davon sollte sowieso alle drei Jahre ein Abstrich gemacht werden – im Falle einer HPV-Infektion (Humane Papillomaviren) jährlich oder manchmal sogar halbjährlich. Deshalb ist es wichtig, sich bereits im Kindesalter gegen HPV impfen zu lassen – und zwar unabhängig vom Geschlecht.

ZUR PERSON

DR. MED. BERTRAM STITZ ist Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe. Seit Anfang 2022 ist der 59-jährige Mediziner Chefarzt der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe am Hospital zum Heiligen Geist in Fritzlar. Er ist verheiratet, hat fünf Kinder und fünf Enkelkinder.