Schätzungen zufolge leidet jeder fünfte Deutsche über 65 Jahre unter Durchblutungsstörungen in den Beinen. Ursache sind Engstellen in den Arterien, die durch Ablagerungen an den Gefäßwänden entstehen. Um diese Verengungen zu beseitigen und das Blut so wieder in Fluss zu bringen, kommt am Fritzlarer Hospital zum Heiligen Geist modernste, minimalinvasive Technik zum Einsatz. Im Interview erklärt Hamed Mohssen, Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie und Gefäßchirurgie, welche Vorteile dieses schonende Verfahren hat.
Herr Mohssen, welche Ursache haben Durchblutungsstörungen in den Beinen?
Hamed Mohssen: Verantwortlich dafür sind Engstellen in den Beinarterien. Sie entstehen, wenn sich über Jahre Blutfette oder Kalk an den Gefäßwänden ablagern. Ein ungesunder Lebensstil – Rauchen und falsche Ernährung – kann das Risiko für Durchblutungsstörungen deutlich erhöhen. Weitere Risikofaktoren sind erhöhte Blutfettwerte, Bluthochdruck, Übergewicht und Diabetes, aber auch eine genetische Veranlagung kann die Durchblutungsstörungen begünstigen.
Wie äußern sich solche Durchblutungsstörungen?
Hamed Mohssen: Betroffene leiden im fortgeschrittenen Stadium häufig unter Schmerzen und Krämpfen in den Beinen, insbesondere bei Bewegung. Deshalb müssen sie beim Gehen regelmäßig pausieren. Umgangssprachlich wird die Erkrankung deshalb auch „Schaufensterkrankheit“ genannt – denn diese Pausen erinnern an einen Bummel durch die Stadt, bei dem man ebenfalls immer wieder stehenbleibt, um Schaufenster zu betrachten.
Wie können Engstellen in den Gefäßen beseitigt werden?
Hamed Mohssen: Früher wurden Gefäßverschlüsse meist mit einer offenen Bypass-Operation überbrückt. Heute nutzen wir zur Beseitigung von Engstellen in der Regel modernste, endovaskuläre Technik. Das bedeutet, der Eingriff erfolgt ohne Schnitt und direkt im Inneren der betroffenen Gefäße. Dabei wird von der Leiste aus ein Führungsdraht mit Katheter bis zur Engstelle geschoben. Dank einer Spitze, die an einen winzigen Bohrer erinnert, kann der Verschluss beseitigt werden. Das gelingt in 90 Prozent aller Fälle. Auch das Aufdehnen mithilfe eines Ballons und das Einsetzen eines Stents als Gefäßstütze ist möglich.
In den Oberschenkeln sind die Arterien recht groß. Gefäßverschlüsse können aber auch an den viel feineren Unterschenkel-Arterien auftreten. Ist das Verfahren auch hier möglich?
Hamed Mohssen: Inzwischen gibt es auch extrem dünne Katheter, die von der Leiste aus bis in die Unterschenkelarterien vorgeschoben werden können. Das ist ein wirklicher Fortschritt in der Therapie.
Was sind die größten Vorteile des endovaskulären Verfahrens?
Hamed Mohssen: Für den Patienten hat diese Methode viele Vorteile: Der Eingriff ist schmerzfrei und erfolgt ohne Narkose. Zudem ist kein Schnitt notwendig, lediglich ein kleiner Einstich. Das Risiko für Komplikationen ist daher sehr gering. Auch ein stationärer Krankenhausaufenthalt, der bei offenen Operationen notwendig wäre, entfällt.
Wie ist hoch das Risiko für eine erneute Arterienverkalkung?
Hamed Mohssen: Das Risiko, erneut einen Gefäßverschluss zu entwickeln, ist verhältnismäßig hoch – insbesondere bei Patienten mit einem ungesunden Lebensstil. Hier zeigt sich aber ein weiterer Vorteil der endovaskulären Therapie: Sie kann mehrfach wiederholt werden.
Wie werden Patienten mit Gefäßverengung am Fritzlarer Hospital zum Heiligen Geist vor und nach dem Eingriff begleitet?
Hamed Mohssen: In der Regel werden die Patienten bei entsprechenden Beschwerden von ihrem Hausarzt an unser MVZ überwiesen. Anschließend werden sie von der Diagnose über die Therapie bis zur Nachsorge am Hospital begleitet. So bleibt die Behandlung in einer Hand und die Patienten haben immer einen festen Ansprechpartner. (pdf)
Kontakt
Eine Terminvereinbarung für die Gefäß-Sprechstunde im MVZ des Fritzlarer Hospitals zum Heiligen Geist ist unter Tel. 05622/997-0 möglich. Weitere Informationen: www.hospital-fritzlar.de
Zur Person
Hamed Mohssen ist seit Oktober 2019 Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin am Hospital zum Heiligen Geist in Fritzlar. Der Facharzt für Gefäß- und Allge- meinchirurgie sowie Phlebologie ist seit über 20 Jahren in Nordhessen tätig.
Text: HNA-Artikel vom 01.11.2025 von Pamela De Filippo